Es war peinlich. 

Und es war auch der komischste Moment in einer Karriere-Messe, den ich je erlebt habe.

In einem kleinen Seminarraum lehrte ein Karriere-Experte etwas über Networking. Und aus dem Nichts unterbrach ihn eine Frau mit dieser Frage:

Wann ist es Zeit, zu kündigen?

Die Frage hatte nichts mit dem Thema zu tun. Deshalb auch die peinliche Stille.

“Warum wollen Sie kündigen?” fragte der Experte.

Und als sie antwortete, wurde der Experte sichtbar wütend. Er hatte noch nie so einen dummen Grund zum Kündigen gehört. 

Ja, es gibt gute und schlechte Gründe zur Kündigung. In diesem Artikel decke ich auf, wann es wirklich Zeit ist, zu kündigen – und wann nicht.

Was der Experte dann tat, war fast unprofessionell. Doch mit seiner Antwort traf er ins Schwarze. Die komplette Story erzähle ich dir am Ende des Artikels.

Zuerst aber:

Ist es Zeit, zu kündigen? Achte auf diese 7 Zeichen

Zeichen 1: Die Herde verlässt das Feld

Die Tierwelt hat einen effektiven Überlebensmechanismus. Er heißt: Folge der Herde. Tiere, die der Herde nicht folgen, sterben.

In der Berufswelt ist das ähnlich, aber subtiler. Dort wechseln nicht alle auf einmal das Unternehmen. Zuerst gehen die Top-Performer. 

Wenn die besten Angestellten abhauen, ist das kein gutes Zeichen für das Unternehmen.

Aber warum verlassen immer zuerst die besten Angestellten das Unternehmen? Weil sie Optionen haben. Und wenn sie sehen, dass das Unternehmen eine Titanik ist, springen sie auf das nächste Schiff und vermeiden den Aufprall mit dem Eisberg.

Das erinnert mich auch an die Massenauswanderung aus Europa nach Amerika im 19. Jahrhundert. Viele schlossen sich dem Trend an, Europa zu verlassen. Das Ergebnis? Diese Leute gewannen angenehmere Jobs, eigenes Land und ein besseres Leben.

Deshalb habe immer einen Blick auf die Herde, bevor du gegen den Eisberg krachst!

Warnzeichen 2: Abraham Lincoln würde das Unternehmen verlassen

Wusstest du, dass Lincoln gar nicht in einer privilegierten Familie aufwuchs? Er war ein armer Junge ohne besondere Zukunft.

Wie wurde er Präsident? 

Er fand zufällig alte Jura Bücher – und las jedes einzelne komplett durch. Seine Neugierde war nicht zu stoppen. Sie trieb ihn an, jeden Tag neues zu lernen. Ohne dieses innere Feuer wäre er nie Präsident geworden.

Jetzt zu dir:

Lernst du auf deiner Arbeit neues? Oder passiert da jeden Tag das gleiche? Ohne Neugierde, neue Herausforderungen, Weiterentwicklung und Ziele wird dein inneres Feuer schnell erlöschen, genauso wie die Hoffnung auf eine gute Karriere.

Warnzeichen 3: Du bist wie ein Elefant am Seil

Ein Elefant kann 300 Kilogramm mühelos anheben und 25 km/h schnell laufen. Trotzdem kannst du ihn an ein dünnes Seil binden, ohne dass es zerrissen wird.

Wie?

Du musst den Elefanten aufziehen. Solange er noch klein ist, ist er zu schwach, das Seil abzureißen. Irgendwann gewöhnt er sich daran, dass dieses Seil unbesiegbar ist. Und wenn er ausgewachsen ist, merkt er nicht einmal, dass er das Seil zerreißen kann.

Warum ich dir das erzähle:

In den ersten Jahren unserer Karriere wachsen wir sehr schnell. Aber wir merken es oft nicht:

Nach zwei bis drei Jahren in einer Junior-Rolle ist es schon Zeit, das nächste Level zu suchen. Aber viele wagen keine Schritte wegen ihres Junior-Mindsets.

Lass dich nicht wie ein Elefant an eine Stelle ketten, für die du überqualifiziert bist. Frage nach einer Beförderung oder mach einen Jobwechsel.

Warnzeichen 4: Dein Job ist wie eine alte gescheiterte Ehe

Jeder Ehe-Berater gibt es zu:

Beziehungen werden toxisch, wenn es keine Wertschätzung mehr gibt. In Jobs kann etwas Ähnliches passieren:

Wenn du dauernd die Extrameile für das Unternehmen gehst und oft Überstunden machst, solltest du entlohnt werden.

Aber was passiert häufig? Du arbeitest mehr als alle anderen und für deinen Vorgesetzten wird das normal. Manche Chefs machen sogar deine Ambition runter, weil sie sich bedroht fühlen. In solchen Fällen ist dieser Job deine Mühe nicht wert.

Warnzeichen 5: Du passt in die Gruppe nicht rein

Wenn du menschlich nicht mit deinen Kollegen zusammenpasst, hast du ein Problem. Warum? Erstens:

Das Verlangen, Teil der Gruppe zu sein, ist in uns biologisch verankert. Wenn du lange der Außenseiter bist, wird dir später einfach der Enthusiasmus für deinen Job fehlen.

Allerdings ist es neuerdings im Trend, sich für den einsamen Kollegen zu halten, dem alle anderen egal sind. Nach dem Motto: 

“Ich bin hier nur, um zu arbeiten.”

Tu dir einen Gefallen, und sei nicht einer dieser Leute. So wirst du nämlich trotz viel Mühe nur schwer aufsteigen. Schau:

Zum Aufsteigen gehört nicht nur Leistung. Es gibt auch eine soziale Komponente. Du musst auch ein aktiver und angesehener Teil der Gemeinschaft sein. Ganz simpel ausgedrückt:

Wenn dich keiner mag, wird dich keiner befördern.

Warnzeichen 6: Du hast einen schlechten Ruf

Ein Rätsel: Zwei Personen geben dir jeweils einen Ratschlag.

Ein Ratschlag ist gut und der andere schlecht. Wie findest du heraus, welcher der Gute ist?

Die Antwort: Schau auf die Person, die den Ratschlag gibt. Wer mit seinem Leben demonstriert, dass er Ahnung hat, hat auch den besseren Ratschlag.

Allerdings ist es in der realen Welt nicht so simpel. Unsere Art, einzuschätzen, wem man trauen darf und wem nicht, ist oft fehlerhaft. Viele schauen einfach auf deinen Ruf und schließen daraus, ob du Ahnung hast oder nicht. 

Deshalb:

Wenn du, aus welchem Grund auch immer, einen schlechten Ruf hast, suche dir eine neue Stelle. Denn jeder Vorschlag, Ratschlag oder Idee von dir wird abgelehnt, noch bevor du sie hattest.

Nietzsche sagte einmal:

“Lieber mit einem schlechten Gewissen, als mit einem schlechten Ruf zu leben.”

Er hat recht, weil es extrem schwer und manchmal unmöglich ist, einen schlechten Ruf wiederherzustellen.

Warnzeichen 7: Dein Job ist so nützlich, wie Antimon Pillen

Stell dir vor:

Du schluckst eine Pille, scheidest sie am nächsten Tag aus und schluckst sie anschließend wieder.

Hört sich absurd an, war aber im 17. Jahrhundert normal. Das waren die sogenannten Antimon Pillen gegen Verdauungsstörungen. Die Ärzte hielten sie damals für eine gute Idee.

Der Haken: Sie hatten nur eine sehr schwache Wirkung. Teilweise waren sie sogar schädlich. Und zum Glück wird heute besseres Verschrieben.

Warum erzähle ich dir das? Weil viele Jobs heutzutage wie Antimon Pillen sind

Früher oder später wird es sie nicht mehr geben, weil eine bessere Alternative auftaucht: Künstliche Intelligenz.

Manche Branchen werden davon sehr stark betroffen sein. Wenn dein Job komplett automatisierbar ist, musst du dich umorientieren.

5 schlechte, aber leider sehr beliebte Gründe zu kündigen

Hier sind die häufigsten falschen Gründe zum Kündigen:

“Ich lebe nur am Samstag”

Dein wahres Leben findet nur am Wochenende statt? Ein Jobwechsel wird das nicht ändern. Du brauchst zuerst eine Vision, in der dein Beruf ein sinnvoller Teil deines Lebens ist. Erst wenn du diese Vision hast, und dein jetziger Beruf nicht darein passt, solltest du kündigen und einen Job mit Sinn finden.

“Da ist dieser eine Kollege…”

Es ist erstaunlich, wie nur ein Kollege dein Leben auf der Arbeit ruinieren kann. Doch das Problem ist nicht dieser Kollege. Das Problem bist du. Selbst wenn du nichts Falsches gemacht hast. Schau:

Du musst in der Lage sein, mit schwierigen Menschen umzugehen. Egal, ob das dein Kollege oder Vorgesetzter ist. Und das ist nicht leicht. Mit schwierigen Menschen umzugehen, wird uns nirgendwo richtig beigebracht. Doch du brauchst diese Fähigkeit in der Berufswelt.

Ein Beispiel:

Wie bittest du jemanden, etwas sein zu lassen?

Viele werden sofort konfrontativ – und machen sich beim Gegenüber unbeliebt. Mach es stattdessen so:

Gib zuerst ein Kompliment und starte ein angenehmes Gespräch. So geht auch die Deckung beim Gegenüber runter. Und danach erst sprichst du das Problem an.

Wenn dir diese People-Skills fehlen, empfehle ich dir folgendes Buch: “Wie man Freunde gewinnt” von Dale Carnegie.

“Mir werden auf der Arbeit Beinchen gestellt”

Manche Unternehmen sind ein Schlachtplatz. Leute versuchen aufzusteigen und nur wenigen gelingt es. Und sehr viele spielen nicht fair. Manche verbreiten Gerüchte. Andere wollen das Lob für deine Leistung einkassieren.

Wenn dich das einschüchtert, denke an folgendes Zitat:

Wenn du keine Feinde hast, bist du noch nie für etwas Bedeutsames aufgestanden.

Winston Churchill

Wegen solchen Hindernissen lohnt sich ein Jobwechsel nicht. Du wirst sie vermutlich überall finden.

“Es verändert sich alles”

Ich habe dir noch nicht das Ende von der Geschichte mit dem wütenden Experten in der Karriere-Messe erzählt.

Jedenfalls fragte der Experte, warum die Frau kündigen wollte. Und das war ihre Antwort:

Ich arbeite da schon 7 Jahre. Und da das Unternehmen skaliert, werden jetzt alle Prozesse auf den Kopf gestellt. Meine ganzen Kenntnisse nützen gar nichts mehr. Ich erkenne meinen Job praktisch nicht mehr wieder.

Die Reaktion des Seminarleiters?

Das hier ist keine Selbsthilfegruppe für Komfortzonen-Junkies!”

Und dann sagte er etwas, dass mit mir geblieben ist:

Wechsle deinen Job nur, um zu wachsen. Nicht, um Wachstumsmöglichkeiten zu entkommen.

Und das beantwortet auch die Frage: “Wann ist es Zeit, zu kündigen?”

Die beste Zeit zu kündigen ist dann, wenn es am besten zu deinem persönlichen und beruflichen Wachstum beitragen wird.

Ich bin unglücklich mit meinem Job. Soll ich kündigen?

Deutschland wird immer unbeliebter: 

Viele zeigen dem Bundestag den Mittelfinger und ziehen ins Ausland.

Aber weißt du, wie viele davon zurückkehren? Satte 78 %. Und das, nachdem sie so viel Geld für die Auswanderung bezahlt haben.

Das liegt daran, dass viele Menschen dem Staat die Schuld für ihre Probleme geben, die sie dann ins Ausland mitnehmen. Genauso ist es oft mit Leuten, die “unglücklich” mit ihrem Job sind. Aber das ist nicht bei allen so. 

Es gibt grob gesehen zwei Arten von Menschen:

Die einen haben wirklich einen miserablen Job und sind deshalb unglücklich. Die anderen denken nur, sie haben einen miserablen Job.

Finde heraus, was auf dich zutrifft, bevor du kündigst. Das machst du am besten so:

Erstelle eine Tabelle mit allen Vor- und Nachteilen in deinem Job. Und dann mach dir Gedanken:

  • An welchen Nachteilen kannst du arbeiten?
  • Welche Vorteile findest du in anderen Stellen nicht?
  • Ist es realistisch, dass die Tabelle im anderen Job besser aussehen wird?

Wie du richtig kündigst (ohne Brücken zu verbrennen)

“Walter, du hast übrigens immer echt mies aus dem Mund gerochen!”

So kündigt ein Drama-Quitter.

Hast du schonmal einen persönlich miterlebt? Das sind Leute, die sich nur auf eine negative Art und Weise trennen. Es muss immer einen Knall geben. Alles, was über die Jahre angestaut wurde, wird am letzten Tag ausgekotzt.

Warum das falsch ist?

Du baust dir während deiner Karriere ein Netzwerk auf. Und wenn dich in deinem Netzwerk keiner mag, hast du ein Problem. Was, wenn du dich irgendwo bewirbst, und das Unternehmen deine alten Kollegen oder Vorgesetzten nach dir ausfragt?

Bewahre zu jedem ein gesundes Verhältnis. Auch zu denen, die du nicht magst.

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